Bier von der Insel - die Knust Brauerei
Ehrliches, handgebrautes Bier ohne viel Chichi gibt es auf Fehmarn in der Knustbrauerei. Wir haben den beiden Inselbrauern Jonathan und Kerstin einen Besuch abgestattet und einen genauen Blick in den Braukessel geworfen.
Ein leichter Duft von Hopfen und Malz umweht die Knust Brauerei in Avendorf. Erst heute Vormittag hat Jonathan Grünitz das Braumalz frisch geschrotet und zusammen mit viel Wasser in den Maischebottich gefüllt. Anschließend wird beides gemeinsam unter stetigem Rühren erhitzt, damit sich die Stärke aus dem Malz lösen kann, die später für die alkoholische Gärung und den Geschmack eine Rolle spielt.

Prost! Craftbier-Brauer Jonathan Grünitz zusammen mit seinem Team bei der Bierverkostung
Die Idee, eine eigene Brauerei zu gründen, kam Jonathan und seiner Frau Kerstin bereits vor einigen Jahren. „Damals hatten wir den Hof übernommen und mit ihm jede Menge Fragen“, erklärt Jonathan. „Was fangen wir zum Beispiel mit dem leeren Schweinestall an? Und wie kann es uns gelingen, einen landwirtschaftlichen Betrieb in neue, modernere Bahnen zu lenken?“ Jonathan war damals schon Hobbybrauer. Warum also nicht versuchen, ein Bier von und für Fehmarn zu brauen? „Bier und Landwirtschaft, das ist doch eigentlich eine tolle Kombi,“ fanden beide. Und so wurden Kerstin und Jonathan zu Craft-Bier-Bauern und öffneten im Spätsommer 2019 die Türen der Knustbrauerei. Knust, so nennt man in Norddeutschland nicht nur das Beste Stück vom Brot (nämlich den Kanten), sondern es ist auch der Spitzname der Einheimischen für die Insel Fehmarn. „Nur das Beste also!“, sagt Jonathan.

Vom Gastraum aus kann man direkt zu den Kesseln sehen, in denen das Knustbier gebraut wird
40.000 Liter Bier braut das Paar in seiner 80 Quadratmeter großen Brauerei mittlerweile pro Jahr. „Das ist zwar nur ein Viertel der täglichen Produktion der Flensburger Brauerei aber mit denen können und wollen wir auch gar nicht mithalten“, sagt Jonathan lachend. Vielmehr geht es ihm und Kerstin darum, ihr Bier auf der Insel zu einem Erlebnis zu machen. Für das Jahr 2022 sind bislang zwei Konzerte geplant. Bei solchen Veranstaltungen steht auch immer wieder der Foodtruck „Grumpy Duck“ vor der Tür. „Oder wir schmeißen den Grill an.“ Momentan fehlt den beiden noch der Platz für ein richtiges Restaurant, aber vielleicht braucht es das auch gar nicht, um das Lebensgefühl der Insel einzufangen. Mit ihren Bieren, die Namen wie Strandlager und Sunset Ale tragen, und natürlich deren einzigartigem Geschmack, gelingt es dem Paar auch jetzt schon sehr gut.
Aber noch etwas ist Jonathan und Kerstin wichtig: Wir legen Wert auf Nachhaltigkeit und außerdem möchten wir so die fehmarnsche Geschichte lebendig halten.“ Die Barhocker und die Verkleidung des Tresens im Gastraum vor der gläsernen Brauerei sind zum Beispiel recycelt. Sie stammen aus der vor einigen Jahren abgebrannten Scheune des Nachbarn. „Die Energie fürs Brauen bekommen wir aus der Biogasanlage und über Photovoltaik. Und seit dem vergangenen Jahr bauen wir einen Teil unserer Gerste sogar selbst an und wollen diese zukünftig von einem Kleinmälzer in Buxtehude bei Hamburg veredeln lassen. Der Rest des Braumalzes wird von einer Mälzerei in Bamberg geliefert,“ erklärt Jonathan. Der Hopfen stammt überwiegend von ausgewählten Landwirten aus Süddeutschland. Das Knustbier selbst wird (abgesehen vom Onlineshop) ausschließlich regional vertrieben. „So sind die Lieferwege kurz und der Bezug zur Brauerei bleibt bestehen.“
Als wir uns verabschieden, pumpt Jonathan gerade die Würze in den Gärtank. Nachdem diese abgekühlt ist, kommt die Hefe hinzu und dann wird es interessant – die kleinen Organismen beginnen mit der Umwandlung von Zucker in Alkohol und langsam wird endlich ein Bier draus. In diesem Fall ein neues, saisonales Bockbier mit der recht neuen, als nachhaltig geltenden Hopfensorte Tango. Der passende Name – „Bock auf Tango“. Na dann, PROST!

Infos: Während der Saison ist donnerstags bis sonntags von 15 – 20 Uhr geöffnet, manchmal auch länger. In dieser Zeit stehen Kerstin oder Jonathan selbst hinterm Zapfhahn und können die ein oder andere Geschichte zu ihrem Bier erzählen.
Weitere Informationen auf: knustbier.de
Craft Beer: Was ist das eigentlich?
Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff Craft Beer so viel wie „handwerklich gemachtes Bier“. Und im Grunde ist es auch genau das: Ein Bier, das meist in kleinen, unabhängigen Brauereien mit viel Liebe zum Detail und auch Lust am Experimentieren produziert wird. Im Grunde geht es bei der Bewegung darum, alte Produkte neu zu beleben. Seinen Ursprung findet das Ganze in den 1970er Jahren in den USA. Damals dominierten drei Braukonzerne den gesamten amerikanischen Biermarkt und versorgten die USA mit billigem, leichten, schnell und in großen Mengen trinkbarem Lager. Das Problem: Alles schmeckte gleich. Wer etwas anderes haben wollte, musste für ausländisches Bier viel Geld bezahlen oder eben selber brauen. So entstand eine lebendige Hobby-Brauer-Szene, die seitdem stetig gewachsen ist. Mitte der 2000er schwappte die Craft Beer-Welle über Großbritannien und Skandinavien auch nach Deutschland über. Seitdem können auch wir uns über eine immer größere Biervielfalt aus kleinen, besonderen Brauereien wie der Knust Brauerei freuen. Deutsche Craftbeer-Brauer:innen legen großen Wert auf regionale Produkte und gute Handwerksarbeit und geben oft viel mehr für die Zutaten aus als große Brauereien. Deshalb ist Craft Beer teuerer als konventionelle Sorten, allerdings ist der Geschmack auch viel indivdueller – fast wie Wein. Allerdings ist nicht immer Craft Beer in der Flasche, nur weil es draufsteht. Daher werden unter den Kleinbrauer:innen immer mehr Stimmen laut, die einen einheitlichen Qualitätsstandard für deutsches Craft fordern. Es bleibt also spannend.

MEHR ERFAHREN:
Sylvia Kopp ist Bier-Sommeliére. In ihrem Buch klärt sie über verschiedene Herstellungsmethoden von Craft Beer auf, verrät Geheimtipps für Bier-Gasthäuser und überrascht mit tollen Rezepten. (Das Craft-Bier Buch: Die neue Braukultur, Gestalten, 28,76 Euro)